Cuxhaven Steinmarne

Kurzinfo

Geeignet für: Windsurfer, Kitesurfer

Revier: Kabbelwasser, Welle

Windrichtung: beste WNW, fahrbar W-NNW

Während die deutschen Nordseeinseln oftmals gute Bedingungen für Waverider bieten, haben die Nordseeanlieger aus Bremen, Cuxhaven, Oldenburg und Wilhelmshaven mit dem Wattenmeer vor der Haustür die Pappnase auf. Swell und richtige Wellen – Fehlanzeige. Cuxhavens Nord-West-Spot Steinmarne zeigt, dass dem nicht immer so ist.

Fluchend sucht Hansi den Sixpack Beck‘s ganz unten in Ingos vollgestopften Bus. Irgendwo zwischen den Segeln und nassen Neos wird er dann fündig. Der Bremer Surfshopbesitzer will mit den anderen Locals auf die erfolgreiche Nachmittags Session in Steinmarne anstossen. Auf dem Parkplatz hinterm Deich hat sich wieder einmal der harte Kern der Bremer und Cuxhavener Waverider eingefunden, um sich gegenseitig mit leuchtenden Augen von den radikalsten Moves des Tages zu erzählen. Mit einem Feierabendbier lässt man den Tag Revue passieren…

Tatort Surfshop Charchulla in Bremen, Samstag 13 Uhr: die Ladenhüter Klaas und Hansi sind von einer unerklärlichen Nervosität und Unruhe befallen. Penetrante Anrufer melden immer wieder, dass es heute kachelt und fragen an wer „hochfährt“. Die Ladenhüter verfluchen mal wieder ihren Job in einem Geschäft, das erst um 19 Uhr schliesst. Meistens zu spät, um noch eine Feierabend Surfsession einlegen zu können. Aber heute ist Samstag und damit noch genug Zeit für einen Surf in Steinmarne. Ausserdem gilt heute das neue Ladenschlussgesetz: bei mehr als 6 Bft. aus Nordwest, ist das Geschäft vorzeitig zu schliessen. Hochwasser ist um 17 Uhr, das passt locker. Um 13 Uhr 30 setzt sich dann der Bremer Konvoi in Richtung Cuxhaven im Bewegung. Auf der einstündigen Fahrt auf der A 27 nach Cuxhaven lassen sich die voll beladenen Busse nur mit Mühe in der Spur halten. Es kachelt volle Pulle mit Wind von links. Per Handy kommt die Info rein, dass Steinmarne heute richtig fett ist. Das sorgt für steigende Adrenalinpegel. Zur Unterstützung legt Lars das „Rage against the Machine“ Tape ein. Klaas sagt: „Heute spring ich den Frontloop, ganz bestimmt!“ und tritt aufs Gas um den Bus auf seinen Topspeed von 85 Km/h zu beschleunigen. In Cuxhaven werden dann die letzten Ampeln bei dunkelgelb genommen, bevor wir in Steinmarne auf den Deich rollen. Hektisch werden die 4,7 er aufgezogen und die kleinen Waveboards klar gemacht – und dann ist Showtime.

Steinmarne glänzt mal wieder mit „epischen“ Bedingungen. Die Welle ist bis zu 1 Meter hoch, was für den Spot nicht schlecht ist. Bei Hack und im Winter sollen auch schon 1 1/2 Meter gesichtet worden sein. Der Wind weht mit guten 6 Bft. sideshore aus West. Das reicht für das „volle Programm“ an Luftkampf-Action: Klaas zeigt seine Speedloops, Lars versucht viel zu flache Pushloops und Charchulla-Chef Hansi lässt sich von den Young-Guns nicht schocken und setzt zu „Flachwasser Backloops“ an. Nachdem später auch die letzten Wellen verschwunden sind, kommt die Meute vom Wasser. Alle sind nach zwei Stunden Rock n‘ Roll Surfen angenehm platt. Während auf der Rückfahrt die Gedanken um den nächsten Trip nach Klittmöller kreisen, so steht doch eins fest: Auf Steinmarne, unseren Homespot, lassen wir nichts kommen, trotz Wattenmeer und Gezeiten.

Spotbedingungen

Wellen gibt es in Steinmarne nur ca. plus/minus 1 Stunde zum Hochwasser. Der Spot funktioniert bei West bis Nordnordwest. Am besten ist er bei exakt Westnordwest (cross-onshore von links). Steinmarne liegt direkt an der Wattkante der westlichen Elbmündung. Dadurch baut sich eine extrem kurze und steile Welle auf, die aus dem üblichen Wattenmeer Chop und längeren Grundseen aus der Elbmündung besteht. Das Wasser kocht geradezu, aus dem Nichts entstehen und verschwinden Kreuzseen die bis zu 1 1/2 Meter hoch werden können. Zusätzlich herrscht eine starke Lee-Strömung in Richtung Elbe.

Das Aussuchen von geeigneten Abschussrampen ist schwierig, viel zu schnell verändern sich in diesem Super-Kabbelwasser die Wellen, deshalb sind blitzartige Reflexe gefragt um sich von den Rampen noch rechtzeitig abdrücken zu können. Wer das nicht schafft läuft Gefahr unangespitzt in die nächste Welle einzustechen oder legt gar einen kapitalen Schleudersturz mit Rundflug hin (Micha aus Wremen hat dazu eine nur Ihm bekannte Technik entwickelt, wobei er gleichzeitig mit Fuss, Knie oder anderen Körperteilen das Segelunterlieg durchsticht). Hat man aber Glück und trifft die Rampen richtig, dann sind – für die Wellenhöhe – aussergewöhnlich hohe (und weite) Sprünge drin. Zunächst etwas gewöhnungsbedürfig ist das überspringen von bis zu zwei Wellen, was etwas Flexibilität bei der Landung erfordert (Nose Dives direkt ins Face der übernächsten Welle sollten besser vermieden werden). Auf jedem Schlag den man raus fährt, sind locker 10 Sprünge möglich. Die Kunst besteht eher darin nicht zu springen, die Knie als Stossdämpfer einzusetzen und die Wellen wegzudrücken. Auch die Richtungswechsel werden in Steinmarne etwas anderes gefahren als anderswo. Experten tendieren zu gesprungenen Halsen, weil die am meisten Erfolg versprechen. Wer es lieber konventionell mag, versucht es mit superengen Halsen (Tightjibes und Slamjibes). Weite Speedjibes sind kaum zu stehen. Wer in diesem Chaos noch sicher halsen kann, der kann es dann aber auch überall auf der Welt.

Autor

Lars Klatte

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